Bau deine eigene 'Ruhigwerden-Kiste': Ein kleines Werkzeug für grosse Gefühlsmomente
Es gibt Momente, in denen die Spannung steigt, die Stimmen lauter werden, die Hände sich ballen und die Worte fehlen. Nicht nur bei uns, sondern auch bei unseren Kindern. In solchen Momenten kann eine kleine Pause, ein tiefer Atemzug, eine Ruhigwerden-Kiste den entscheidenden Unterschied machen.
Die Ruhigwerden-Kiste ist eine praktische Idee, inspiriert von den Prinzipien der Emotionsregulation. Sie ist ein liebevoller, nicht-strafender Weg, Kindern zu helfen, starke Gefühle wie Wut, Frustration oder Angst zu bewältigen. Es geht nicht darum, Emotionen zum Schweigen zu bringen, sondern darum, aktiv Unterstützung zu bieten.
Was ist also diese Kiste?
Es handelt sich um eine einfache Kiste (oder einen Korb oder Schuhkarton, vom Kind dekoriert), gefüllt mit kleinen Dingen, die die Sinne beruhigen und die Selbstregulation fördern. Sie ist keine Strafe – sondern ein Rückzugsort.
Die dahinterstehende Philosophie: Wenn ein Kind weiss, dass es einen eigenen 'Ruheort' hat, stärkt das sein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit und hilft ihm, mit dem Gefühl umzugehen, ohne davon überwältigt zu werden.
Viele Kinder zögern, ihre Gefühle in Worte zu fassen, aber sie finden einen wertvollen emotionalen Auslass durch die Verwendung der Gegenstände in der Kiste oder durch die stille Zeit, die sie bietet. Es ist wichtig, sie nicht als Werkzeug für 'brave Kinder' darzustellen, sondern als ein Recht jedes Kindes auf Fürsorge.
Was kann sie enthalten?
Tastgegenstände: Knete, Schwämme, Anti-Stress-Bälle
Visuelle Reize: eine Glitzerflasche, ein Kaleidoskop
Geräusche: eine kleine Box mit Naturklängen, Musik oder ein kleines Musikinstrument
Gefühlsbuch oder Karten: mit Gesichtern und kurzen Sätzen („Ich bin wütend“, „Ich brauche eine Umarmung“)
Bilder oder Zeichnungen des Kindes, die Freude bringen
Ein kleines Säckchen mit getrockneten Kräutern oder ein ätherisches Öl zur Beruhigung
Eine Liste mit „5 Dingen, die mir helfen, ruhig zu werden“, gemeinsam mit dem Kind geschrieben
Ein 'magischer' Spiegel, in dem sich das Kind ruhig und lächelnd sehen kann
Ein kleines 'Entlastungsheft', in das es zeichnen oder (mit oder ohne Hilfe) schreiben kann, wie es sich gefühlt hat und was geholfen hat
Ein kleiner Brief von den Eltern oder der Lehrkraft, der dem Kind zeigt: Du bist nicht allein.
Wann verwenden wir sie?
Nicht nur in angespannten Momenten! Sie kann Teil einer täglichen Ruhe-Routine werden, sodass das Kind mit ihr vertraut ist, bevor sie wirklich gebraucht wird.
Wenn starke Emotionen auftauchen, dient die Kiste als Übergangsraum von Anspannung zu Ruhe.
Eine schöne Idee ist es, jeden Nachmittag oder Abend etwas Zeit mit der Kiste zu verbringen, auch ohne konkreten Anlass – so wird sie mit Fürsorge statt mit Korrektur verbunden.
Tipp: Erschafft euer eigenes Ruhigwerden-Ritual. Zum Beispiel: Wählt einen Gegenstand aus der Kiste, haltet ihn in der Hand, schliesst die Augen und atmet dreimal tief durch.
Was gewinnen wir?
Das Kind lernt, dass Gefühle normal sind
Es lernt, mit ihnen umzugehen, ohne sie zu unterdrücken
Die Eltern werden zu Begleitern, nicht zu Bestrafenden
Und vor allem
Kleine Krisen müssen nicht mehr zu grossen Konflikten werden. Das Kind bekommt Werkzeuge – und du bekommst... Momente der Ruhe.
Die Ruhigwerden-Kiste ist kein Zaubermittel. Aber sie ist eine Brücke. Vom Chaos zum Verstehen. Von der Anspannung zur Verbindung. Nach und nach fördert dieser Prozess eine innere Stimme der Fürsorge statt der Schuld – und das ist ein Geschenk, das ein Leben lang bleibt!